Herr Jourdan, die ersten Schritte aus dem Lockdown sind geschafft. Wenn es gut läuft, folgen bald die nächsten. Sie beraten viele Unternehmer und Finanzchefs, vor allem im Mittelstand. Dort bereiten sich jetzt fast alle auf das Wiederanfahren ihrer Unternehmen vor – und vielleicht auch auf das Nutzen von frisch aufgetauchten Chancen im Wettbewerb. Aber dafür darf auf keinen Fall die Liquidität ausgehen. Auf welche Szenarien sollte der CFO jetzt die Liquiditätsplanung jetzt stützen?
Keinesfalls auf ein „V“! Denn wenn es tatsächlich zu einer schnellen Erholung kommen sollte, wird das für die meisten Unternehmen kein großes Problem werden. Ich rate eher dazu, mit Umsatzrückgängen und einem langsamen Wiederanstieg von dieser abgesenkten Basis aus zu planen. Davon ausgehend dann zwölf Monate nach vorne planen, mit einem Best Case und einem Worst Case. Das Ganze immer im Abgleich zur aktuellen Planung, damit auf monatlicher Basis die jeweilige Deckungslücke gezeigt wird.
Unser aller Problem derzeit ist, dass aufgrund des Shutdowns die Kernfunktionen Angebot/Nachfrage – Produktion/Absatz unterbrochen sind. Das unterscheidet die aktuelle Krise maßgeblich von allen anderen und hat erhebliche Auswirkungen auf die bestehenden Planungssysteme -und Annahmen. Damit wird es knifflig, zu modellieren, wie genau es zu welchem Zeitpunkt mit der Liquidität aussieht.
Da kommen kritische Fragen ins Spiel: Wie verlässlich sind meine Debitoren und Kreditoren? Muss ich als CFO damit rechnen, dass sie ihr Zahlungsverhalten ändern? Die Erfahrungen aus der Vergangenheit sind jetzt nicht mehr viel wert. Und dann gibt es auch die grundsätzliche Frage, wie es jetzt in Folge des Coronavirus eigentlich um den Auftragsbestand, um die Qualität der einzelnen Aufträge bestellt ist. Welche davon lassen sich noch realisieren, und wann?